Liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger der Gemeinde Geroldshausen, liebe Besucher unserer Homepage,
Anfang März 2021 ist über Geroldshausen ein Sturm hinweggefegt. Auf dessen Höhepunkt die Bild-Zeitung in unserem kleinen Ort unterwegs war und einen Artikel veröffentlicht hat, ich habe eine Anzeige gegen Unbekannt wegen Volksverhetzung erstattet und wir mussten in Kommentaren z. B. lesen, dass auch der Gemeinderat ausgemeißelt gehört. Was war geschehen? Auf unserem Kriegerdenkmal ist „DR. ED. WIRTHS * 20.09.45“ eingemeißelt. Dr. Wirths war in Ausschwitz der Vorgesetzte von Dr. Mengele. Dr. Wirths hat darüber entschieden, wer sofort in den Tod geschickt wird oder wer zunächst ins Arbeitslager kam. Er ist ein Verbrecher, der Tausende Menschen in den Tod geschickt hat. Es gibt keine Alternative zur Entfernung der Inschrift. Dies muss zeitnah geschehen. Man kann Geschichte aber nicht ausradieren. Deshalb bin ich sehr glücklich, dass uns das Internationale Auschwitz Komitee berät. So können wir eine gute Erinnerungs- und Mahnkultur für die Bevölkerung einrichten, die auch noch in Jahrzehnten die Erinnerung an die Verbrechen gegen die Menschlichkeit wachhält. Der Gemeinderat und ich bedanken uns bei der Presse auch der überörtlichen Presse, die nicht mit einer vorgefertigten Meinung über unseren Umgang mit unserem Kriegerdenkmal und der Inschrift "Dr. Wirths " berichtet hat. Wir bedanken uns bei allen, die uns Mut zugesprochen haben, insbesondere auch bei Dr. Lauer, der den Vorschlag mit der Anbringung des vorläufigen Hinweisschildes gemacht hat. In der Presserklärung vom 10.03.2021 hatte die Gemeinde Geroldshausen darauf aufmerksam gemacht, dass „offensichtlich bisher die Taten von Dr. Wirths nicht ausführlich wissenschaftlich untersucht und publiziert wurden. Denn im Gegensatz zum Namen ‚Dr. Mengele‘ ist der Name ‚Dr. Wirths‘, der der Vorgesetzte von Dr. Mengele war, in der Öffentlichkeit nicht bekannt.“ Endlich beginnt die Aufarbeitung der Geschichte: Der Artikel "Historiker über KZ-Arzt Wirths: 'Er war niemand, der nichts wusste'" in Main-Post vom 13.03.2021 (siehe auch unten auf dieser Seite.) beginnt mit der Frage an den Göttinger Historiker Dr. Stefan Hördler: „Beim Namen Josef Mengele zucken viele sofort zusammen. Bei Eduard Wirths gibt es eher ein Achselzucken. Warum ist so wenig über den leitenden Standortarzt in Auschwitz bekannt?“. Vielen Dank Herr Thomas Fritz für diesen ersten Schritt! Damit sollte aber die Aufarbeitung nicht zu Ende sein. Welcher Jugendlicher liest z. B. die Main-Post? Endlich kann auch die Frage, warum der Gemeinderat nicht sofort die Entfernung die Inschrift veranlasst hat, mit Gegenfragen beantwortet werden: Was wäre passiert, wenn der Gemeinderat beschlossen hätte, die Inschrift sofort zu entfernen? Hätte dann wirklich die Main-Post mit der Aufarbeitung begonnen? Wäre dann die Familie Wirths noch mehr bloßgestellt worden? Wäre dies dann auf die gesamte Gemeinde übertragen worden? Würde dann behauptet werden, dass wir nur alles vertuschen wollen? Wären auch wieder Opportunisten aufgetreten, die diese Gemengelage ausgenutzt hätten? Ja, "Hätte, hätte Fahrradkette." Eines steht aber fest, egal was der Gemeinderat beschlossen hätte, es wäre immer falsch gewesen. Der Gemeinderat hat sich von Beginn an deutlich positioniert: „Wir sind heute zur Aufarbeitung, zum Erinnern und Mahnen verpflichtet und auch dazu bereit. Wir bedauern zutiefst, dass mit der bisherigen unzulänglichen, verharmlosenden Darstellung des Lebenswegs von Eduard Wirths und der Inschrift auf dem Kriegerdenkmal den Opfern von Auschwitz und allen Opfern des 2. Weltkriegs solange Unrecht getan und die Gefühle der Überlebenden verletzt wurden. Als Gemeinde Geroldshausen wollen wir nun alles tun, um mit einer ehrlichen und schonungslosen Auseinandersetzung dazu beizutragen, dass die Erinnerung an den Holocaust für die nachfolgenden Generationen eine unerschütterliche Mahnung bleibt.“ Am Ende können wir, die Gemeinde Geroldshausen mit den Gemeinderäten aus Geroldshausen und Moos - also allen Bürgerinnen und Bürger - sagen, dass wir im Sturm standhaft geblieben sind. Wir wollen in Ruhe und Frieden unseren toten Angehörigen auf unseren Kriegerdenkmalen gedenken. So wie die Menschen in allen anderen Orten in Deutschland auch. Weitere ausführliche Informationen finden Sie unten auf dieser Seite. Nachtrag: Zum Main-Post-Artikel vom 16.03.2021 „Geroldshausen: Bürgermeister will Name von KZ-Arzt am Denkmal doch schnell entfernen“ werde ich hoffentlich schon in der Sitzung am 13.04.2021 berichten. Nach diesem Tagesordnungspunkt hatte der Gemeinderat in der Sitzung am 09.03.2021 bis kurz vor Mitternacht zu zahlreichen weiteren wichtigen Themen beraten und beschließen müssen.
Der Gemeinderat hat dann in der Sitzung am 13.04.2021 zu unserem Kriegerdenkmal im Rahmen einer guten Erinnerungs- und Mahnkultur beschlossen, dass die Inschrift Dr. Wirths entfernt und eine Infotafel aufgestellt wird. Auch wurde Dr. Josef Schuster, Präsident des Zentralrates der Juden in Deutschland und Vorsitzender der Israelitischen Kultusgemeinde Würzburg und Unterfranken, schon heute zur Eröffnung unseres Beitrags zum DenkOrt der Deportationen nach der Fertigstellung des Neubaus der KiTa (voraussichtlich im Juli 2022) eingeladen. Auf Anregung von Herrn Christoph Heubner, Exekutiv Vizepräsident, Internationales Auschwitz Komitee, hat unser Landrat Thomas Eberth seinen Stab gebeten, eine Veranstaltung mit wissenschaftlicher Begleitung im Herbst in unserer Sporthalle zu organisieren. Herr Dr. Schuster hat sich persönlich einen Eindruck des Kriegerdenkmals in Geroldshausen verschafft hat. Schon das provisorische Schild, mit dem Beschluss des Gemeinderats sei laut Dr. Schuster eine sehr deutliche Aussage. Er hätte am Anfang, als das Kriegerdenkmal zum Thema wurde, den Eindruck gehabt, dass versucht werden solle, den Sachverhalt geflissentlich zu übergehen und abzuwarten, bis das Thema in Vergessenheit gerät. Nachdem er aber die Diskussionen weiter beobachtet habe, sei er zu dem Eindruck gekommen, dass Geroldshausen auf einem sehr guten Weg sei. Dabei sei aber auch die Stellungnahme der Familie Wirths wichtig gewesen. Dr. Schuster hält es für unerlässlich, die Inschrift zu entfernen. Die Aufstellung einer Hinweistafel mit dem Hintergrund zur Inschrift Dr. Wirths und seinen NS-Verbrechen wäre zu erwägen. Herr Heubner hat in einer E-Mail mitgeteilt, dass dem Bürgermeister und der Gemeindevertretung aller Respekt gebühre, weil sie die Debatte um Dr. Wirths erschreckt und berührt aufgenommen und zu ihrer Sache gemacht haben. Er habe keine Statements des Zornes und der Ablehnung gehört, sondern unsere Reaktion wäre von ehrlicher Betroffenheit geprägt gewesen. Deshalb müssten und sollten wir jetzt auch keine Angst vor Schlagzeilen haben: In Deutschland gäbe es noch andere Geroldhausens, die von ihrer Geschichte eingeholt werden und wo die Beschäftigung mit der Herkunft von NS-Tätern und die Deportation der im Ort heimischen jüdischen und Roma-Familien längst nicht aufgearbeitet oder thematisiert worden ist: Das, was wir jetzt entschieden hätten und tun würden, sei deswegen auch beispielhaft und hat Auswirkungen weit über Geroldshausen hinaus. Weitere ausführliche Informationen auf www.geroldshausen.de/geschichte/kriegerdenkmal-inschrift-dr-wirths. Herzlichen Dank an Herrn Dr. Schuster, Herrn Heubner und Herrn Landrat Eberth für die gute Unterstützung!
Ihr
Gunther Ehrhardt
1. Bürgermeister
„Wir sind zur Aufarbeitung, zum Erinnern und Mahnen verpflichtet."
Der Mitteldeutsche Rundfunk (MDR) thematisierte am 16.11.2020 aus Anlass des Jahrestags der Befreiung des KZ Auschwitz die Verantwortung von Dr. med. Eduard Wirths aus Geroldshausen, der von 1942 bis 1945 leitender Standort-Arzt in Auschwitz und dort Vorgesetzter von Josef Mengele war. Auch eine Inschrift auf dem Kriegerdenkmal in der Ortsmitte von Geroldshausen, mit dem Namen von Dr. Eduard Wirths, der sich im September 1945 in britischer Gefangenschaft das Leben nahm, kam hierbei zur Sprache. Erster Bürgermeister Gunther Ehrhardt gab dem MDR ein Interview und informierte anschließend den Gemeinderat darüber.
In seiner Sitzung vom 9. März 2021 versuchte Bürgermeister Gunther Ehrhardt zunächst das Thema ausführlich – soweit dies überhaupt möglich ist - in einem ca. ½-stündigen Sachvortrag darzustellen. Anschließend beriet der Gemeinderat Geroldshausen (Landkreis Würzburg) nun über das weitere Vorgehen im Zusammenhang mit der Inschrift auf dem Kriegerdenkmal und weitere Schritte zu einer ehrlichen Auseinandersetzung mit dem Lebensweg von Dr. Eduard Wirths. Anlass der Sitzung war der Antrag eines Bürgers, der die Entfernung des Namens Eduard Wirths vom Kriegerdenkmal sowie das Anbringen einer aufklärenden Tafel neben dem Kriegerdenkmal fordert, um auf die Täterschaft des Dr. Wirths in Auschwitz hinzuweisen. Im Vorfeld der Sitzung stellte sich jedoch in der öffentlichen Diskussion heraus, dass zahlreiche andere Möglichkeiten zum Umgang mit der Inschrift auf dem Kriegerdenkmal möglich wären. So wurde vorgeschlagen, sofort die Inschrift, ohne einen Hinweistafel, zu entfernen. Aber auch die Ergänzung mit einem weiteren Gedenkstein und den Namen der in Geroldshausen lebenden Juden und den Schicksalen in den einzelnen Konzentrationslagern wurde vorgeschlagen. Neben diesem neuen Gedenkstein solle eine Hinweistafel die Verbrechen von Dr. Wirths erläutern. Es wurde aber auch vorgeschlagen, einen Künstler zu beauftragen, der versucht, das Denkmal durch eine Installation zu erklären.
In der Gemeinderatssitzung verlas Erster Bürgermeister Gunther Ehrhardt eine Stellungnahme der Familie Wirths, aus der der Wille, die Aufarbeitung der Verantwortung von Dr. Wirths in Auschwitz rückhaltlos zu unterstützen, deutlich hervorgeht. „Als Nachkommen von Dr. Eduard Wirths trifft uns die öffentliche Diskussion um das Kriegerdenkmal in Geroldshausen persönlich. Die Beteiligung unseres Familienmitgliedes an den in Auschwitz verübten, beispiellosen Verbrechen wollen wir nicht leugnen oder beschönigen.“ Die Familie Wirths habe schon bisher alles ihr Mögliche zur Aufklärung der historischen Tatsachen beigetragen. Familienmitglieder haben u. a. als Zeugen im Auschwitz-Prozess in den 1960er Jahren ausgesagt, an dem Dokumentarfilm von 1975 mitgewirkt und sich verschiedenen Autoren für deren Bücher als Informationsquelle zur Verfügung gestellt. Alle im Familienbesitz befindlichen Dokumente wurden dem Fritz-Bauer-Institut überlassen und zur Veröffentlichung freigegeben.
In der Sitzung des Gemeinderats bestand Einigkeit, dass der Name „Dr. Wirths“ nichts auf dem Denkmal zu suchen hat. Der Gemeinderat verurteilt die von Dr. Eduard Wirths während des Dritten Reiches als Standortarzt in verschiedenen Konzentrationslagern verübten Kriegsverbrechen auf das Schärfste, so der einstimmige Beschluss des Gemeinderats. Auch wurde beschlossen, dass der Umgang mit dem Kriegerdenkmal in ihrer Bedeutung die Möglichkeiten der Gemeinde übersteigt. Die Gemeinde sucht deshalb umgehend hierzu die Unterstützung geeigneter Personen oder Institutionen. Nach dieser Aufarbeitung entscheidet der Gemeinderat, in welcher Form die damalige Entscheidung revidiert wird.
Bürgermeister Ehrhardt findet es bedauerlich, dass offensichtlich bisher die Taten von Dr. Wirths nicht ausführlich wissenschaftlich untersucht und publiziert wurden. Denn im Gegensatz zum Namen „Dr. Mengele“ ist der Name „Dr. Wirths“, der der Vorgesetzte von Dr. Mengele war, in der Öffentlichkeit nicht bekannt. Es kann aber nicht die Aufgabe der Gemeinde Geroldshausen sein, die wissenschaftlichen Untersuchungen voranzutreiben, so Bürgermeister Gunther Ehrhardt. Aufgabe der Gemeinde ist es, das Archiv allen Anfragen zur wissenschaftlichen Aufarbeitung zu öffnen. Eine weitaus wichtigere Aufgabe der Gemeinde Geroldshausen ist es aber, eine gut durchdachte Erinnerungs- und Mahnkultur für die Bevölkerung zu schaffen.
Ehrhardt und der Gemeinderat sind sich einig: „Wir sind heute zur Aufarbeitung, zum Erinnern und Mahnen verpflichtet und auch dazu bereit. Wir bedauern zutiefst, dass mit der bisherigen unzulänglichen, verharmlosenden Darstellung des Lebenswegs von Eduard Wirths und der Inschrift auf dem Kriegerdenkmal den Opfern von Auschwitz und allen Opfern des 2. Weltkriegs so lange Unrecht getan und die Gefühle der Überlebenden verletzt wurden. Als Gemeinde Geroldshausen wollen wir nun alles tun, um mit einer ehrlichen und schonungslosen Auseinandersetzung dazu beizutragen, dass die Erinnerung an den Holocaust für die nachfolgenden Generationen eine unerschütterliche Mahnung bleibt.“
Weitere Informationen:
Sachvortrag der Gemeinderatssitzung zur Sitzung am 09.03.2021
Nach der Sitzung am 09.03.2021 hat Bürgermeister Ehrhardt - in Absprache mit dem Gemeinderat - mit dem Internationalen Auschwitz Komitee Kontakt aufgenommen, um dort um Unterstützung beim Umgang mit dem Kriederdenkmal und der Inschrift für eine gut durchdachte Erinnerungs- und Mahnkultur zu bitten. Die Inschrift "Dr. Ed. Wirths" hat auf dem Kriegerdenkmal nichts zu suchen. Deshalb wurde zunächst folgendes Schild am Kriegerdenkmal angebracht:
In der Sitzung des Gemeinderats am 13.04.2021 berichtet Bürgermeister Ehrhardt, dass19 E-Mails und Schreiben mit Kommentaren bzw. Meinungen im Rathaus eingegangen sind, die alle von Bürgermeister Ehrhardt beantwortet wurden. Die Gemeinde hat mehrere Strafanzeigen wegen Volksverhetzung gegen Unbekannt erstattet. Am 23.03.2021 hat Dr. Josef Schuster, Präsident des Zentralrates der Juden in Deutschland und Vorsitzender der Israelitischen Kultusgemeinde Würzburg und Unterfranken, mit Bürgermeister Ehrhardt telefoniert. Dabei berichtete er, dass er sich persönlich einen Eindruck des Kriegerdenkmals in Geroldshausen verschafft hat.
Dieser Text ist dem Beschluss der Gemeinderatssitzung vom 09.03.2021 entnommen. Bereits dieser Text sei laut Dr. Schuster eine sehr deutliche Aussage. Er hätte am Anfang, als das Kriegerdenkmal zum Thema wurde, den Eindruck gehabt, dass versucht werden solle, den Sachverhalt geflissentlich zu übergehen und abzuwarten, bis das Thema in Vergessenheit gerät. Nachdem er aber die Diskussionen weiter beobachtet habe, sei er zu dem Eindruck gekommen, dass Geroldshausen auf einem sehr guten Weg sei. Dabei sei aber auch die Stellungnahme der Familie Wirths wichtig gewesen.
Dr. Schuster hält es für unerlässlich, die Inschrift zu entfernen. Die Aufstellung einer Hinweistafel mit dem Hintergrund zur Inschrift Dr. Wirths und seinen NS-Verbrechen wäre zu erwägen. Daneben begrüßt Dr. Schuster, dass sich die Gemeinde Geroldshausen am DenkOrt Deportationen beteiligt und auf dem neuen Dorfplatz in Geroldshausen (Nähe dem Bahnhof) das Pendant des Koffers des DenkOrts Deportationen (Hauptbahnhof Würzburg) mit den Namen und Daten der Juden, die in Geroldshausen gelebt haben und deportiert wurden, aufgestellt wird.
Herr Christoph Heubner, Exekutiv Vizepräsident, Internationales Auschwitz Komitee, hat am 25.03.2021 folgendes per E-Mail geschrieben:
„Ihnen und der Gemeindevertretung gebührt aller Respekt, weil Sie die Debatte um Eduard Wirths erschreckt und berührt aufgenommen und zu Ihrer Sache gemacht haben. Ich habe keine statements des Zornes und der Ablehnung gehört, sondern Ihre Reaktion war von ehrlicher Betroffenheit geprägt und deshalb müssen und sollten Sie jetzt auch keine Angst vor Schlagzeilen haben: In Deutschland gibt es noch andere Geroldhausens, die von ihrer Geschichte eingeholt werden und wo die Beschäftigung mit der Herkunft von NS-Tätern und die Deportation der im Ort heimischen jüdischen und Roma-Familien längst nicht aufgearbeitet oder thematisiert worden ist: Das, was Sie jetzt entscheiden und tun ist deswegen auch beispielhaft und hat Auswirkungen weit über Geroldshausen hinaus. In diesem Zusammenhang sehe ich drei Schritte: Die Entfernung des Namens, das Aufstellen einer Tafel, die die "Leerstelle" erklärt (ich helfe gerne bei der Formulierung eines kurzen Textes) sowie die Erinnerung an die Geroldshausener Deportierten (wie von Herrn Schuster erwähnt) und drittens eine Veranstaltung im Herbst, wo wir mit Herrn Hördler, Herrn Schuster, Frau Küchler, Ihren Mitbürgerrinnen und Mitbürgern noch einmal diskutieren, was geschehen ist - im Krieg und nach dem Krieg- und was heute unsere gemeinsame Erinnerung ist.“
Am Samstag, den 27.03.2021, hat Herr Landrat Thomas Ebert bei der Eröffnung der Teststrecken in Kirchheim und Geroldshausen zugesagt, dass er als Ansprechpartner für die Veranstaltung, die Herr Heubner angeregt hat, zur Verfügung steht. Auf Grund der bundesweiten Bedeutung ist eine Veranstaltung in der Gemeinde Geroldshausen nicht sinnvoll.
Bürgermeister Ehrhardt schlägt vor, dass Dr. Schuster zur Eröffnung des Beitrags der Gemeinde Geroldshausen zum DenkOrt Deportationen durch die Gemeinde eingeladen wird. Dr. Schuster hatte dies im Telefonat am 23.03.2021 angeregt. Die Eröffnung wird nach der Fertigstellung des Neubaus der KiTa (voraussichtlich im Juli 2022) erfolgen.
Der Gemeinderat hat in seiner Sitzung am 13.04.2021 folgenden einstimmigen Beschluss gefasst:
Der Name „Dr. Eduard Wirths“ hat nichts auf dem Denkmal zu suchen. Die Inschrift wird zeitnah entfernt. Der Gemeinderat verurteilt die von Dr. Eduard Wirths während des Dritten Reiches als Standortarzt in verschiedenen Konzentrationslagern verübten Kriegsverbrechen auf das Schärfste. Es wird eine Info-Tafel in Zusammenarbeit mit Herrn Heubner, Exekutiv Vizepräsident, Internationales Auschwitz Komitee, angebracht.
Die Gemeinde Geroldshausen lädt schon heute Herrn Dr. Schuster, Präsident des Zentralrates der Juden in Deutschland und Vorsitzender der Israelitischen Kultusgemeinde Würzburg und Unterfranken, zur Eröffnung des Beitrags der Gemeinde Geroldshausen zum DenkOrt Deportationen herzlich ein. Die Veranstaltung findet nach der Fertigstellung des KiTa-Neubaus stattfinden.
Auf Antrag der Verwaltung vom 19.04.2021 wurde durch das Landratsamt Würzburg, Fachbereich Denkmalpflege, am 22.04.2021 folgende denkmalschutzrechtliche Erlaubnis unter Auflagen erteilt:
„Die Erlaubnis nach dem Bayerischen Denkmalschutzgesetz zur Entfernung der Inschrift „DR. ED. WIRTHS † 20.9.45“ auf dem Kriegerdenkmal und zur Aufstellung einer Informationstafel im Umfeld des Kriegerdenkmals in Geroldshausen, Kirchheimer Straße wird erteilt.
Die Erlaubnis wird erteilt unter folgenden Auflagen:
Die Tilgung des Namens „DR. ED. WIRTHS † 20.9.45“ ist im Detail so auszuführen, dass die Leerstelle deutlich erkennbar bleibt.
Die Leerstelle ist nicht durch Vierung oder Steinersatzmasse zu schließen.
Der exakte Standort (Mauer und Zaun) und die Gestaltung der Informationstafel ist mit dem Bayerischen Landesamt für Denkmalpflege abzustimmen. […]
Die Maßnahme wird wie folgt beschrieben:
Die Inschrift „Dr. Ed. Wirths † 20.9.45“ soll durch Steinmetz Josef Popp entfernt werden. Die Inschrift ist ca. 1 mm tief. Nach dieser Inschrift ist „Ernst Jäger Juli 46“ aufgeführt. Es entsteht also eine Lücke. Außerdem soll eine Info-Tafel aufgestellt werden. Als möglicher Standort ist die Mauer rechts am Eingang geplant. Beides wird mit dem Kreisheimatpfleger Herrn Kleinfeld bei einem Ortstermin abgesprochen.
Herr Volker Kleinfeld, zuständiger Kreisheimatpfleger, wurde im Verfahren beteiligt und hat am 21.04.2021 nach Ortseinsicht und Erörterung der Maßnahme mit Herrn Ehrhardt, Erster Bürger- meister, und Herrn Josef Popp, Steinmetz aus Giebelstadt-Allersheim, keine Bedenken geäu- ßert und die Erlaubnis empfohlen.
Herr Dipl.-Ing. Hans-Christof Haas, zuständiger Gebietsreferent vom Bayerischen Landesamt für Denkmalpflege hat zum Antrag Stellung genommen und erhebt keine Einwände gegen die Tilgung des Namens von Dr. Wirth und die Aufstellung der Informationstafel am Treppenauf- gang zum Gelände. Zur Detailausführung der Tilgung des Namens wurden Instruktionen gege- ben; Ferner wurde vorgegeben, den Standort und die Gestaltung der Informationstafel mit dem Bayerischen Landesamt für Denkmalpflege abzustimmen.“
Herr Heubner, Exekutiv Vizepräsident, Internationales Auschwitz Komitee, hat mit Bürgermeister Ehrhardt einen Text für die Info-Tafel abgestimmt.
Herr Ulrich Völklein (Autor u. a. des Buches „Der Judenacker“) schreibt in seiner E-Mail vom 28.04.2021 dazu:
„Diese Gedenktafel und die Fülle der Beiträge auf der Homepage der Gemeinde lösen das In- formationsbedürfnis interessierter Bürger über den Lebensweg von Eduard Wirths und das Schicksal der in Geroldshausen verfolgten jüdischen Mitbürger sowie der jungen Sintizza und ihres Kindes auf eine angemessene und anteilnehmende Art und Weise ein. Das ist Ihnen und dem Gemeinderat und allen an diesem Prozess Beteiligten beispielhaft gut gelungen. Ich den- ke, die Gemeinde insgesamt kann auf dieses ebenso schwierige wie schmerzliche Bemühen stolz sein.“
Die Verwaltung hat mit E-Mail vom 28.04.2021 mit der Grafikerin Ingrid Schinagl Kontakt aufgenommen, um das Layout und auch das Material der Info-Tafel abzustimmen.
Mit Schreiben vom 04.05.2021 hat sich der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Dr. Josef Schuster, für die schriftliche Einladung der Gemeinde zur Eröffnung des Beitrags der Gemeinde Geroldshausen zum DenkOrt Deportationen vom 15.04.2021 bedankt. Dabei hat er um eine Terminabstimmung gebeten:
„… für die freundliche Einladung des Gemeinderats zur Eröffnung des Beitrags der Gemeinde Geroldshausen zum Mahnmal Denkart Deportationen, in Erinnerung an die Deportation der ehemaligen jüdischen Bürgerinnen und Bürger der Gemeinde, danke ich Ihnen sehr.
Ich begrüße es, dass Geroldshausen sich an diesem einzigartigen, dezentralen Gedenkprojekt beteiligt und die Erinnerung an die deportierten Juden aus Geroldshausen aufrechterhalten möchte. Mit diesem Mahnmal wird es auch in Geroldshausen einen würdigen Ort der Erinnerung geben, der das Leid vergegenwärtigt, das über die Juden der Gemeinde während des Nationalsozialismus hereinbrach.“
Am 11.05.2021, fand eine Videokonferenz zum Thema „DenkOrt Deportationen Geroldshau- sen" mit Herrn Landrat Thomas Eberth, Herrn Präsident Dr. Josef Schuster, Frau Botschafterin Michaela Küchler (Auswärtiges Amt), Herrn Vizepräsident Christoph Heubner statt. Der Vorsit- zende informiert, dass die Veranstaltung am 11.09.2022 (Anmerkung: das Datum wurde nachträglich korrigiert) stattfindet. Landrat Herr Eberth übernimmt die Organisation der Veranstaltung.
Der Vorsitzende berichtet, dass der Textvorschlag von Herrn Heubner auf der Gedenktafel im Vorfeld zur Sitzung mehrfach mit den Gemeinderäten abgestimmt wurde. Gemeinderätin Dr. Steinbach plädiert dafür, den Hinweistext ab dem 2. Absatz abzuändern in: Wir verurteilen die Taten des Mannes, der in Auschwitz und anderen Lagern als SS-Arzt mörderische Verantwortung getragen hat und am Völkermord an Juden, Sinti und Roma in Europa beteiligt war. Sein Lebensweg, wie auch die Erinnerung an die Opfer aus Geroldshausen müssen uns zur Mah- nung dienen, dass sich ein solches Geschehen nicht mehr wiederholen darf. Aus diesem Grund wurde diese Infotafel aufgestellt. Die Mehrheit des Gremiums stimmt ebenfalls dafür, dies so abzuändern.
Gemeinderat Künzig ist dafür, „Roma“ nicht zu erwähnen. Der Vorsitzender Ehrhardt ergänzt, dass Sinti und nicht auch Roma aus Geroldshausen deportiert wurden. Folgender Text wurde in der Sitzung am 11.05.2021 beschlossen:
Gemeinderat Schmitt wendet sich an Herrn Fritz, also an die Main-Post. Der letzte der Zeitungsbericht von Herrn Fritz soll korrigiert werden. Es ist falsch, dass der Gemeinderat den Namen Dr. Eduard Wirths nur aufgrund des öffentlichen Drucks entfernt habe. Zum einen hat sich der Gemeinderat nicht durch die Artikel von Herrn Fritz unter Druck setzen lassen. Zum anderen hat der Gemeinderat von Anfang an erklärt, dass der Name nichts auf dem Kriegerdenkmal zu suchen hat. Das Gremium stimmt dieser Aussage mit Applaus zu.
Die Inschrift ist entfernt. Die Infotafel angebracht.
Pressestimmen:
Kommentar: Geroldshausen muss wissen, wer Wirths wirklich war, 06.03.2021, Thomas Fritz, Main-Post
Geroldshausen: Diskussion um KZ-Arzt auf Kriegerdenkmal, 09.03.2021, Carolin Hasenauer, BR24
Überlebende von Ausschitz sind empört, 09.03.221, Thomas Fritz, Main-Post
In Stein gehauene Probleme, 09.03.2021, Daniel Staffen-Quandt, Hilpoltsteiner Kurier (kein Link vorhanden!)
KZ-Arzt in Stein gemeißelt: Ein Ort ringt mit der Vergangenheit, 10.03.2021, Carolin Hasenauer, BR24
KZ-Arzt auf Denkmal: Auschwitz Komitee fordert Namens-Entfernung, 10.03.2021, Julia Kuhles, BR24
Massenmörder, in Stein gemeißelt, 10.03.2021, Olaf Przybilla, Süddeutsche Zeitung
Schild klärt auf über Name von KZ-Arzt, Olaf Przybilla, 12.03.2021, Sütdeutsche Zeitung
KZ-Arzt auf Kriegerdenkmal: Infotafel weist auf Fehler hin, Carolin Hausenauer, BR24
Falsches Erinnern, 18.03.2021, Stefan W. Römmelt, Jüdische Allgemeine
Auschwitz begann auch in Geroldshausen, 18.03.2021, Christoph Heubner, Jüdische Allgemeine
Fall Eduard Wirths: Warum wurde ein Arzt zum Mörder?, 25.03.2021, Christine Jeske, Main-Post
Geroldshausen: Thema KZ-Arzt Eduard Wirths auf der Tagesordnung, 13.04.2021, RadioGong
KZ-Arzt auf Kriegerdenkmal: Gemeinde will Namen entfernen, 14.01.2021, Carolin Hasenauer, BR24
Name von KZ-Arzt auf Kriegerdenkmal wird entfernt, 14.01.2021, dpa, Süddeutsche Zeitunng
KZ-Arzt Wirths: Name wird bald vom Denkmal in Geroldshausen entfernt, Thomas Fritz, Main-Post
Geroldshausen entfernt Name von KZ-Arzt, 14.04.2021, epd, Jüdische Allgemeine
"Einige machten Karriere, als sei nie etwas gewesen", 21.04.2021, Gitta Düperthal, jungeWelt
Respekt und Anerkennung für Entscheidung, 27.04.2021, Renate Henneberger, Fränkische Nachrichten
Kriegerdenkmal Geroldshausen: Name des KZ-Arztes ist entfernt, 07.05.2021, Carolin Hasenauer, BR24
KZ-Arzt Wirths: Name wurde vom Kriegerdenkmal entfernt, 07.05.2021, Thomas Fritz, Main-Post
Name von KZ-Arzt von Kriegerdenkmal entfernt, 10.05.2021, epd, Jüdische Allgemeine
Wie die Gemeinde Geroldshausen jetzt mit KZ-Arzt Wirths umgeht, 12.05.2021, Thomas Fritz, Main-Post